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In diesem Blog dreht sich alles um kreatives Schreiben, Märchenschreiben und Storytelling.

Montag, 16. Januar 2017

Storytelling - Lügen haben immer noch kurze Beine!



Lügen haben immer noch kurze Beine!


Kürzlich war ich auf einem Vortrag von einem Bekannten, der mich später bat, ihm eine Art Beurteilung von dem Vortragsabend zu senden. 

Ich fand die Präsentation des Abends gut, das schrieb ich ihm auch. Allein hatte ich einen faden Beigeschmack von einem Co-Moderator, der eine Geschichte erzählte, wie er auf dem Weg zum Vortragsabend seinen Hund an einer Tankstelle vergessen hatte, was ihm erst auffiel, als er schon viele Kilometer weiter auf der Autobahn war. En detail erzählte er, wie er bis zur nächsten Abfahrt fuhr, den Weg suchte und dann die ganze Strecke wieder zurück rasen musste.

Ich hatte ihm das abgenommen! Es war so in der Geschichte aufgegangen, hatte das so lebendig und ausschmückend erzählt, dass ich wirklich gedacht habe, dass die Story der Wahrheit entspricht. Erst einige Zeit später löste er auf, dass er nie einen Hund besessen habe.

Ich kommentierte bei meinem Bekannten also, dass mir der Vortragabend gut gefallen hatte, verheimlichte aber nicht, dass die Hundestory mir ganz und gar nicht gefallen hatte, denn es blieb bei mir der fade Beigeschmack der Lügenhaftigkeit haften. 

Mein Bekannter schrieb mir: „Gudrun, ich darf dich beruhigen. Die Hundegeschichte war frei erfunden - er erzählt halt gerne Geschichten…“

Ja, das hatte ich später dann auch begriffen, aber der Nachhall des Abends rief auch Tage danach bei mir noch die unguten Assoziationen wach, das ein kleiner, nur wenige Monate alter Welpe, mutterseelenallein an einer Autorbahn-Raststätte angebunden, von Frauchen und Herrchen vergessen worden war. Dafür hatte er das zu lebendig geschildert.

Ich bin fasziniert davon, wie man mir so eine Lügengeschichte auftischen kann! Sie wirkte sehr echt! Aber bitte – als Storyteller, die ihre Augen und Ohren offen halten, haben wir es nicht nötig, Lügengeschichten zu erfinden, um unser Publikum zu unterhalten und so Emotionen näher zu bringen. Das geht auch mit wahren, authentischen Geschichten und Emotionen. Die Welt und das eigenen Leben sind voll davon.

(c) Gudrun Anders, Aachen, www.gudrun-anders.de
 

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